Heike Wegner


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Warum ich kandidiere!

Nein, ich war nicht von Anfang an oder immer schon Piratin, ich bin in meine Partei hineingewachsen. Und zwar sehr langsam, so im Rückblick betrachtet.

Das war erst einmal die Partei meines Mannes in der über Datenschutz, Serversicherheit und Zensursula debattiert wurde. Ich habe Tapetentische gefahren, Parteitage besucht und Kuchen gebacken für unsere Treffen.

Bis zu diesem Abend an dem ich in einer Bahnhofbäckerei in irgendeiner Stadt im Ruhrgebiet mit Leuten verabredet war um einen Arbeitskreis „Sozialpiraten“ zu gründen.

Der große dicke Mann aus Soest ist mir da zum ersten Mal begegnet und wir hatten sehr schnell sehr viel Schwung bei der Arbeit.

Die Idee aus dem maroden „ALG2“ System aus zusteigen und den vielen Menschen in Deutschland die dauernden Rechtfertigungen ihrer Bedürftigkeit zu ersparen, war Konsens und ein verdammt großes Ziel. Wir haben erlebt, das die Gewerkschaften von Vollbeschäftigung reden, was für die Menschen in der Arbeitslosigkeit aber keine Bedeutung hat.

Als Sozialarbeits-Anerkennungspraktikantin habe ich die Aussichtslosigkeit hautnah miterlebt die daraus resultiert, dass 56 Jahre alte Frauen mit Ausbildungsberuf Näherin, die ein oder mehrere Kinder großgezogen haben, „nicht vermittelbar“ sind.

Trotzdem sind die meisten Menschen im ALG2 Bezug dauerhafter der Auskunftspflicht durch die Behörde ausgeliefert und auf beiden Seiten herrscht Druck. So eine Statistik entscheidet nämlich für den Mitarbeiter des Amtes über seine Weiterbeschäftigung. (Viele Verträge sind befristet.)

Hier hat sich eine Eigendynamik entwickelt die aus Mangel an Arbeitsplätzen (ich lebe in Wuppertal) nur sehr wenige positive Ergebnisse hervorbringt.

Mit dem Ziel diese sozialen Missstände zumindest zu kritisieren besser aber zu verändern, bin ich dann etwas naiv durch die damalige Piratenwelt gezogen und habe geworben.

Ich glaube, dass was dann kam nennt man eine Glaswand. Ich mußte zur Kenntnis nehmen, dass die meisten Mitpiraten freundlich nickten und zu den „wichtigen Themen“ übergingen.

Fizz erlebte derweil ein anderes Phänomen. Plötzlich waren jede Menge Menschen da die ein „BGE“ einführen wollten. Die Diskussionen auf den Listen kochten über und es standen mir plötzlich Menschen mit teilweise merkwürdigen Glaubensbekenntnissen gegenüber.

Ein „Real-Life“ Treffen musste her und Fizz hat die Jugendherberge in Soest organisiert.

Es war wie es eben immer ist, alle Menschen die angereist waren, verhielten sich höflich und waren an konstruktiver Arbeit interessiert.

Michael Ebner und Simon Stützer, Robert Conin Johannes Ponader und Olaf & ich haben dort zusammen gefunden.

Der Sozialstaat 3.0 wurde erarbeitet und hatte immer zum Ziel „seriös finanzierbar“ „national umsetzbar“ „erweiterbar auf europäischer Ebene“ „in Zwischenschritten umsetzbar“. zu sein.

Ich bin stolz auf die dreijährige Arbeit und habe dazu in der Gruppe beigetragen. Der Ruhm für das schriftlich niedergelegten Modells geht aber an Michael Ebner alleine.

Und das ist der Grund meiner Kandidatur. Unser derzeitiger Sozialstaat ist den gesellschaftlichen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Wir wollen das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe für alle hier lebenden Menschen und dafür möchte ich im Bundestag arbeiten.

Ich bin in meine Partei hineingewachsen und inzwischen sind wir viele „Sozialpolitiker“.

Längst ist „Sozialstaat 3.0“ nicht mehr das einzige gute Piratenmodell. Es gibt inzwischen mehrere Arbeitsgruppen die das gleiche große Ziel, der Teilhabe für alle, beraten und Konzepte entwickeln.

Die Wirtschaftspiraten haben dazu auch noch einige Arbeitsaufträge.

Ich werbe jetzt vor Bochum für eine kurze Zielformulierung im Parteiprogramm.

Da ich weiß, dass das BGE in den verschieden Bundesländern für emotionale Wellen sorgt, ist unser Wahlprogrammantrag bewußt offen für alle möglichen BGE-Modelle formuliert.

Mir ist das Ziel wichtig: Wenn es keine Arbeit für alle gibt, dann sollte es wenigsten gesellschaftliche Teilhabe für alle geben.

Ich bitte um Eure Unterstützung: http://piratenpad.de/p/Unterstuetzer_-_Heike_Wegner


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Innenansicht einer Forensischen Klinik

Ich habe mit sechs anderen Piraten am Mittwoch die forensische Psychiatrie in Lippstadt-Eikelborn besichtigt. Solche Life- Eindrücke lösen viel aus und einige Bilder und Gedanken dazu möchte ich gerne teilen mit Euch.

Es wird niemanden wundern, dass die Sicherheitsanlagen der Klinik bombastisch sind. Der Außenzaun ist irre hoch und mit einem Material bespannt dass wie Gummi reagiert und keinen Halt biete. Das SEK hatte im Vorfeld die Möglichkeit sich daran auszuprobieren und ist erfolgreich gescheitert. Zum inneren Sicherheitskonzept habe ich nichts zu schreiben, aber das ist natürlich überzeugend.

Und daraus resultiert, wen wundert es, dass die „Ausbruchsrate“ überzeugend 0 ist.

Die spektakulären Berichterstattungen über „Ausbrecher aus dem Maßregelvollzug“ meinen Menschen die ihre Ausgänge zur Flucht genutzt haben.

Und da sind wir im schwierigen emotionalen Teil der „Forensik-Debatte“.

Ich lebe in Wuppertal und hier formiert sich gerade die Bürgerbewegung gegen den Bau einer Forensik auf Lichtscheid in Wuppertal. Ich finde es auch nicht so glücklich die Klinik direkt in ein Wohngebiet zu bauen und würde ich dort meinen geliebten Garten haben, fände ich die Mauer vor der Nase zum Kotzen.

Trotzdem leuchtet es mir ein, dass in diesem Gerichtsbezirk eine Einrichtung gebaut werden soll, weil die dringend benötigten Plätze fehlen. Und mal ehrlich, wo ist dann der Unterschied ob in Solingen, Remscheid oder Mettmann?

Aber zurück zur Innenansicht.

Alle Fachleute sind sich einig, die innere und äußere Sicherheit ist davon abhängig „wie dicht“ sie am Patienten sein können. Nur im täglichen persönlichen Austausch entsteht ein Gefühl für emotionale Drucksituationen die es zu deeskalieren gilt.

Und da bin ich am ersten Punkt aus dem ich eine piratige Forderung ableiten möchte:

Der Pflegesatz der real-faktisch in 6 Jahren um 20 % gekürzt wurde (4% Kürzung und gestiegene Personalkosten) darf auf keinen Fall weiter abgesenkt werden. NRW ist auf dem drittletzten Platz bei der Höhe des Pflegesatzes und das reicht nicht für innere und äußere Sicherheit.

Einen kleinen sarkastischen Zusatz habe ich noch: Mit jedem Jahr in dem es keine spektakuläre Straftat gibt, sinkt der Pflegesatz. Der wurde nämlich immer dann erhöht, wenn irgendwo eine Geiselnahme oder ein anderes Kapitalverbrechen medienwirksam vermarktet wurde.

Vor unserer Besichtigung am Mittwoch wurde in Patientengruppen gefragt, wer Lust hätte unsere Fragen zu beantworten. (Wir waren eher schüchtern und beklommen). Wir sind dann Menschen begegnet die uns große Offenheit und Vertrauen entgegengebracht haben. Der Respekt verbietet es mir hier darüber zu plaudern.

Und weil dass eigentlich schade ist wähle ich jetzt mal die Ich-Form

Ich kann mir kaum einen größeren Albtraum vorstellen als mit den Halluzinationen eines psychotischen Menschen völlig reiz-überflutet zu sein und keine Rückzugmöglichkeiten zu haben.

So sieht die Realität aus: Durch die hoffnungslose Überbelegung gibt es nur zwei und Dreibettzimmer. Ich durfte mir die drei nackten Zellen ansehen, die als Krisenzimmer für psychotisch tobende (häufig Frauen) vorhanden sind. Nein, die sind nicht aus Gummi aber sehr bedrücken.

Aus meiner Arbeit mit psychosekranken Menschen weiß ich, dass der Alltag spannungsarm gelebt werden kann, wenn jeder seine Grenzen wahren und sich zurück ziehen kann.

Fazit: Durch den Platzmangel wirkt die Forensik nicht nur nicht therapeutisch, sondern massiv krankheitsverstärkend.

Zum medial so spektakulär aufbereiteten Thema Sexualstraftäter:

Der Aufenthalt in der Forensik „kostet“ in aller Regel doppelt bis dreifach so viel Lebensjahre wie eine Haftstrafe, weil man die Lebenszeit zugrunde legt die eine Therapie braucht.

Und wenn man jetzt realisiert, dass wöchentlich eine halbe Stunde Therapie zur Verfügung steht ist man erst mal sprachlos.

Um hier nicht missverstanden zu werden, ich habe einfach ein hohes egoistisches Interesse daran, dass gerade dort Therapie greift und nicht nur Show zur Beruhigung der ist Öffentlichkeit ist.

Zum Schluss noch etwas persönliches:

Ich habe 2 Jahre mit psychiatrisch kranken Menschen gearbeitet und habe eine sehr hohe Achtung vor den Menschen die sich dort „mit einsperren lassen“. Das ist ein Teil der Realität die nur mit der Unterstützung von selbstbewussten integeren Kollegen zu leisten ist. Deren Fachgehälter müssen dem Verantwortungsgrad entsprechen den sich die Bevölkerung zu ihrer Sicherheit wünschen sollte.


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Warum jetzt einen Blog?

Ich hatte noch das Glück 2009 mit einer sehr überschaubaren Anzahl Piraten, nachts in einem Bahnhof im Ruhrgebiet in einer Bäckerei mit Systemgastronomie, den AK Arbeit und Soziales mit ins Leben rufen zu dürfen.

Damals war es noch nicht schwer in „Reallife-Treffen“ und über Mumble und Mails gut informiert zu sein und ausreichend gehört zu werden.

Das Modell Sozialstaat 3.0 hat mich so über die Zeit beansprucht und gefesselt, dass ich andere spannende Themen wie Gesundheit und alles was damit zusammenhängt (Psyche, Pflege usw..) nur wenig im Blick hatte.

Nun hat mich dann doch der Ehrgeiz gepackt, unter Beweis zu stellen, dass ich von meinen technikbegeisterten Piratenfreunden gelernt habe, durch Nutzung unserer Medien auch in größeren Zusammenhängen informiert und eingebunden zu sein.

Twitter ist , dass muss ich zugeben, unverzichtbar um Fröhlichkeit und Zuversicht aufrecht zu halten. (mein Dank an Olaf, Robert Conin und Fizz für die geleistete Überzeugungsarbeit)

Und auch wenn ich Liquid Feedback nicht vollkommen kritiklos sehe (Superdeligierte usw.), so habe ich doch begriffen was für eine Riesenchance das Werkzeug für uns Piraten hat. Also, ich will mitspielen und war deshalb auf der Veranstaltung in Köln. (Danke Mensch zwo null und an Niqui und Thomas für die Motivationsbeschleunigung)

Und warum jetzt das Blog?

Klar, mitreden will ich auch. Nach 30 Jahren im Gesundheitswesen (Krankenschwester, Sozialarbeiterin in der Psychiatrie, Qualitätsbeauftragte in der stationären Altenpflege) sehe ich so viele Dinge die verändert werden müssen, die diskutiert und öffentlich gemacht werden müssen, dass ich mitmischen will.

Ich hatte 2009-2011 das Gefühl in meiner Freizeit bei den Piraten, nicht auch noch Gesundheitsthemen bearbeiten zu wollen (mache ich 40 Stunden die Woche).

Das hat sich schnell und gründlich geändert, seit ich die Arbeit der Gesundheitspiraten kennengelernt habe.

Die Themen die hier schon bearbeitet wurden und die aktuell diskutierten Anträge sind so spannend, dass ich auch nach Feierabend Lust habe, mich damit zu befassen.

Ein großes Thema in NRW wird der Ausbau der forensischen Kliniken werden und dazu würde ich gerne, mit der AG Psyche und allen anderen Interessierten, die Inhalte und Standpunkte erarbeiten.

Und dann ist da natürlich der Sozialstaat 3.0, der als eine der wichtigsten Forderungen beinhaltet, dass das derzeitige Krankenversicherungsmodell grundlegend überarbeitet wird, mit dem Ziel eine wirkliche Solidargemeinschaft ins Leben zu rufen. Nach diesem Modell werden sogar Firmen ohne Angestellte. mit ihren Gewinnen, über die Steuer. an den Krankenversicherungskosten beteiligt.

Das sind die aus meiner Sicht dringen notwendig Reformen und es sind meine „Herzthemen“; und soziale Gerechtigkeit ist eines meiner Wunschthemen für den Bundestagswahlkampf .

Denn ich bin mir leider sicher, dass unsere Sozialsysteme nicht von den (angeblich) sozial engagierten Parteien repariert und neu gestaltet werden können, die noch an Vollbeschäftigung und Arbeitskampf glauben.

Also weiter geht ’s, wir haben schon viel geschafft.